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Tagung 2006


Jahrestagung 2006: Das Druckprinzip Tiefdruck – alte und neue Technik
3. und 4.November 2006, Basler Papiermühle

Boris Fuchs: Vom Kupferstich zum Rakeltiefdruck

Der Kupferstich steht am Anfang der Geschichte des Tiefdrucks. Erste Nachweise gehen auf das Jahr 1430 zurück. Obwohl der Tiefdruck damit älter als der Gutenberg’sche Buchdruck ist, wird ihm in der einschlägigen Museumslandschaft kaum die verdiente Beachtung zuteil. Der IADM setzte mit dieser Jahrestagung, die allein dem Tiefdruck gewidmet war, ein Zeichen, um ihn in das Bewusstsein der Branche zurück zu führen.

Anhand einer vom IADM erstellten Zeitleiste erfuhr man gleich zu Anfang, dass neben den Kupferdruckpressen, Textiltiefdruckmaschinen mit Rundformen den Anfang machten, um das Verfahren am Ende des 18. Jahrhunderts gewerblich nutzen zu können. Diese Zylinder wie auch die der ersten für den Druck auf Papier um 1860 eingesetzten Maschine des Franzosen Auguste Godchaux waren von Hand graviert.

Ein fotografisches Verfahren zur Übertragung der Vorlage und Ätzung der Form gelang erstmals dem Böhmen Karl Klietsch (Klic) 1879. Dieser wanderte nach England aus und gründete dort die Rembrandt Intaglio Printing Company, die über 10 Jahre das Verfahren geheim halten konnte. Erst mit der Offenlegung der Verfahrensschritte beim Druck der „Freiburger Zeitung“ 1910 auf einer Hybridmaschine Buchdruck/Tiefdruck von Dr. Eduard Mertens, wurde der Tiefdruck zu einem Allgemeingut und prosperierte dadurch bei Zeitungen und Zeitschriften.

Der Vortrag von Boris Fuchs als Word-Datei [68 KB]

Dr. Thomas Glöß: „Der Einfluss von Kupferstichen/Radierungen auf die Entwicklung der Frühdrucke 1450-1530
Dr. Glöß ging es bei seinem Vortrag darum, zu zeigen, dass nicht alle Formen der Drucktypen von handschriftlichen Vorbildern übernommen wurden, sondern die Inschriften in Metall, Holz und Stein die Vorbilder für die Stempelschneider der frühen Druckschriften waren. Siehe dazu auch einen Artikel im Journal 3/2004. Dr. Glöß wies dies an relevanten Druckschriften der Zeitspanne von 1450 bis 1530, wie dem Mainzer Psalter von Fust und Schöffer nach.

Als Ausgangspunkt dazu steht die Tatsache, dass sich der Kupferstich aus der Technik von Goldschmieden entwickelte, wobei deren Werkzeuge von besonderer Bedeutung waren. Goldschmiede und ihre Arbeitsweise stehen als Bindeglied von Kupferstichtechnik und frühen Druckschriften. Auch direkte Übernahmen von Musteralphabeten im Kupferstich als Druckschrift konnten nachgewiesen werden. Von nachhaltiger Wirkung waren die Inschriften auf den Kupferstichportraits Albrecht Dürers und seiner Nachfolger. Hier ergeben sich an konkreten Beispielen deutliche Wechselwirkungen zu den gleichzeitigen Druckschriften.

Download Votrag Dr.Thomas Glöß als Word-Datei [35 KB]

Ernst Born: „Vom Kupferstich zum Rakeltiefdruck unter besonderer Berücksichtigung der Probleme mechanischer Techniken
Als gelernter Reprofotograf des Lehrjahrgangs 1939 und späterer Technischer Leiter der Tiefdruckerei Birkhäuser in Basel hatte es Ernst Born übernommen, etwas aus dem Alltag der frühen Tiefdruckpraxis zu sprechen. Gerade ist sein Buch zur „Geschichte des Bilderdrucks“ unter ISBN 3-905367-03-3 herausgekommen. Man erfährt darin die Unterschiede zwischen Kupferstich, Radierung, Kaltnadelradierung, Schabkunst, Punzentechnik, Aquatinta, Aussprengverfahren, Kreidemanier, Weichgrundätzung, Naturselbstdruck, Photogalvanographie, Heliographie, Photoglyphie, Heliogravüre, Stahlstich und Stichtiefdruck, die alle unter dem Oberbegriff Tiefdruck laufen.

Auch was es mit den Edeldruckverfahren wie Pigmentdruck, Carbondruck und Öldruck auf sich hat. Besonders interessant waren seine Ausführungen zu den Problemen, die beim Ätzen der Tiefdruckzylinder mit der Kombination von Text und Bild zu Anfang auftraten. Ein echtes Problem waren die „Ätzhöfe“, die quasi Heiligenscheine den Sujets verliehen. Jeder Ätzer hatte da sein eigenes Mittel an der Hand, um dies zu verhindern.

Der Vortrag von Ernst Born als Kurzfassung (Word-Datei) [32 KB]

Dr. Andreas Brockelt: „Von der Ätztechnik zur elektronischen und Laser-Gravur
Dr.-Ing. Andreas Brockelt, Technischer Direktor der Max Daetwyler AG in Bleienbach, Schweiz, zeigte den Entwicklungsweg der Formherstellung im Tiefdruck von der Ätztechnik bis zur Lasergravur auf. In mehreren Diagrammen demonstrierte er die Einsparung von Arbeitsschritten von der konventionellen Mehrbad-Ätzung über die Einbad-Ätzung mittels Ätzmaschinen bis zur elektro-mechanischen Gravur und zur Lasergravur. Parallel dazu erfolgte auch eine Vereinfachung der Verfahrensschritte bei der Zylindervorbereitung mit Maschinen wie dem „Polishmaster“ seines Hauses.

Er ging auch auf „Zwischenspiele“ wie die Tiefdruck-Wickelplatte, die Elektronenstrahl-Gravur, den MDC-Piezo-Gravurkopf und die DICOweb Gravure von MAN Roland ein. Am Schluss wagte er einen Vergleich zwischen der Lasergraviermaschine Cellaxy von Hell Gravure Systems, die in Kupfer graviert, und dem Laserstar seines Hauses, die eine Zinkschicht statt des Kupfers benötigt. Die Zukunft sehe er in einer weiteren Reduzierung der Verfahrensschritte.

Der Vortrag von Dr. Andreas Brockelt als Download [5.303 KB]

Fritz Kaiser: „Der Stahlstich – Bedeutung und Möglichkeiten seines Erhalts
Der gelernte Stahlstecher Fritz Kaiser, Inhaber der Firma Kaiser + Kaiser in Düdingen im
Kanton Fribourg in der Schweiz, stellte die Geschichte des Stahlstichs vor, die 1820 mit der Erfindung des Amerikaners Jacob Perkins beim Banknotendruck begann. Es folgten Charles Warren und Charles Heat in England und über einen Professor der TH Karlsruhe kam die Technik auch nach Deutschland. Heute dient der Stahlstich besonders dem Prestige von hervorgehobenen Geschäftsdrucksachen. Die Werkzeuge seien zwar besser geworden, doch die Maschinen haben seit 1970 keine Weiterentwicklung mehr erfahren, sodass man sie sorgsam hegen und pflegen muss. Die erste Stahlstichmaschine entstand Mitte des 19. Jahrhunderts in England und der letzte Automat wurde 1960 auf den Markt gebracht. Er leistet zwischen 500 und 800 Prägungen/Std.

Hanns-Peter Schöbel: „Historische Entwicklung der Reproduktionstechniken und die Folgen für die Arbeitsorganisation
Hanns-Peter Schöbel, Mitglied des IADM, hat es als ehemaliger Leiter der Reprotechnik bei BURDA in Offenburg übernommen, über die „Historische Entwicklung der Reproduktionstechniken und die Folgen für die Arbeitsorganisation“ zu sprechen. Er gliederte seinen Vortrag in die Kapitel: „Geschichte der Reproduktionstechnik“, „Von der Vorlage zum fertigen Datensatz“, „Die Druckformherstellung“, „Die elektronische Reproduktion“, Über DTP-Systeme zur Medienwelt“ und „Die Entwicklung der Arbeitsorganisation“. Es ist schwer, aus der Fülle des Gebotenen ein Detail herauszugreifen.

Es soll hier nur kurz auf die Arbeitsorganisation eingegangen werden. Noch 1985 hatte BURDA in der Reproduktion, die Hanns-Peter Schöbel leitete, 650 Mitarbeiter beschäftigt. Die weitere Entwicklung war gekennzeichnet durch eine Abkehr von der Arbeitsteilung zum Team mit Produktverantwortung. Es ergaben sich so Investitionen in neue Technik (Hybrid-EBV und DTP), ressort- übergreifende und teilautonome Teams statt Abteilungen, flexible, produktionsbezogene Arbeitszeiten und vorausschauende und funktionsübegreifende Aus- und Weiterbildung.

Der Vortrag von Hanns-Peter Schöbel als Word-Datei zum Download [62 KB]

Peter Neumann: „Arbeitsbedingungen am Zylinder unter den Bedingungen des verstärkten Bedarfs nach Farbanzeigen
Peter Neumann, Mitglied des Redaktionsteams des IADM, gab einen weiteren Praxisbericht über die Arbeitsbedingungen am Zylinder unter den Bedingungen des verstärkten Bedarfs an Farbanzeigen. Seine Erfahrungen in diesem Bereich gehen zurück auf die Anfänge bei der Wochenzeitschrift „Film und Frau“ im Jahreszeitenverlag Hamburg, als die Tiefdruck-Zeitschriften noch in sepiabrauner Farbe erschienen und wenig Farbseiten aufwiesen. Mit den Anforderungen der Werbewirtschaft änderte sich dies jedoch rasch, verlangte aber größte Anstrengungen in der Technik, um diesen Forderungen gerecht zu werden. Zahlreiche manuelle Korrekturen an den Tiefdruck-Formzylindern musste durchgeführt werden, bis das „Gut zum Druck“ erteilt werden konnte.

Vortrag von Peter Neumann als Word-Datei [41 KB]

Herbert Kurreck und Janus Verhoeven: „Der Bogentiefdruck geht um die Welt – aus der Geschichte lernen
Herbert Kurreck, Inhaber der Druckmaschinenfabrik H.C. Moog in Rüdesheim am Rhein, wies in seinem Beitrag auf die Vorzüge des Bogentiefdrucks gegenüber anderen Druckverfahren hin und brachte zur Unterstützung seiner Superlative den Kunden Janus Verhoeven aus den Niederlanden mit, der anhand von Zigarrenpackungen sehr eindrucksvoll die hohe Qualität des Bogentiefdruck unter Beweis stellte.

Johannes Boppel: „Stand und Entwicklungen des modernen Tiefdrucks
Den Abschluss bildete ein Vortrag von Johannes Boppel, Projektleiter Tiefdruckmaschinen bei der Koenig & Bauer AG, Werk Frankenthal. Der Tiefdruckmarkt sei heute wegen seines hohen Investitionsbedarfs (80-90 Mio. Euro für eine neue Druckerei mit 2 Maschinen) von einer Konzentrationsbewegung geprägt, die immer noch anhält. Es gibt heute nur ca. 450 Tiefdruckmaschinen in der Welt, davon 50% in Europa, 96 in Deutschland, 37 in Italien und 27 in Großbritannien. Bei der Papierbreitenentwicklung ist man zurzeit bei 4,32 m und einer Druckgeschwindigkeit von 16 m/s angelangt. Bildlich gesprochen produziere heute eine solche Maschine stündlich eine beidseitig vierfarbig bedruckte Papierfläche, mit der man 32 Fußballfelder bedecken könnte und verbraucht jährlich 360 000 t Papier. Tiefdruckmaschinen sind damit die produktivsten Druckmaschinen geworden, die sich jedoch nur rentieren, wenn das damit erzeugte Volumen auch genutzt werden kann.

Der Vortrag von Johannes Boppel (Powerpoint-Datei) [5.880 KB]

Fritz Aebi: „Situation und Prognosen der Schweizer Druckindustrie“
Fritz Aebi von Viscom Nordwestschweiz, des Schweizerischen Verbandes für visuelle Kommunikation, präsentierte einen detaillierten Überblick über die Situation bei den rund 900 Mitgliedsbetrieben dieser Vereinigung. Insgesamt gibt es in der Schweiz 2634 Betriebe mit 32302 Mitarbeitern. 80% dieser Betriebe beschäftigen nur zwischen 1-9 Mitarbeiter. Die in der grafischen Industrie der Schweiz erzielten Umsätze beliefen sich in der Zeitspanne von 2000-2005 auf CHF 6 150 Mio. Für das Tagungsthema besonders interessant war, dass bei den eingesetzten Druckverfahren 81% des Umsatzes den Offsetdruck (Bogen- und Rollendruck), 9% den Digitaldruck, 4% den Tiefdruck, 3% den Flexodruck, 2% den Siebdruck und 1% den Buchdruck betreffen.